Heurigen-Most trifft Opern-Kost, eine Traditionsveranstaltung der „Amici del Belcanto“

Mittlerweile seit 2021 wird der gemütliche, überdachte und somit regensichere Hof der Familie Tolstiuk (mehr Informationen hier) – ein wunderbarer Mostheuriger in Natschbach in Niederösterreich – jedes Jahr zur Opernbühne im Mini-Format. Klein ist nur die Bühne, groß sind hingegen die Stimmen, die an dem Sommerabend im August erklingen. Da weiß man: Die Amici del Belcanto unter ihrem Präsidenten Michael Tanzler (mehr Informationen hier) laden zum Operngenuss, verbunden mit einem Tolstiuk-Pausenbuffet der Extraklasse und toller Bewirtung!

Sängerinnen und Sänger treten gerne hier auf, die Atmosphäre ist richtig – eben amikal – man kennt sich von der Bühne und aus dem Leben! Ein umfassendes, packendes Programm garniert mit viel Spielwitz wurde diesmal geboten.

Der Tenor und Gemeindearzt mit eigenen Festspielen in Vorderweißenbach in Oberösterreich, Dr. Alexander Gallee, präsentierte in schöner Manier erst träumerische italienische Lieder von Francesco Paolo Tosti – „Serenata“ und „il Sogno“, um dann richtig schwungvoll „Marechiare“ ebenso von Tosti zum Besten zu geben. Das Lied ist von einem Fenster in Marechiaro / Neapel inspiriert. Weiters glänzte er gemeinsam mit seiner bayrischen Sangespartnerin Sarah Raphaela Mair (Mezzosopran) im Duett „Weißt Du es noch?“ von Edwin und Sylva aus der „Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán. „War auch nur flüchtig der Traum, schön war er doch.“ Sehnsucht nach der vergangenen Zeit, wie sie sich liebten, verpackt in eine wunderschöne Melodie. Dieses Duett berührte sehr!

Ein wieder anderes Duett brachte zum Schmunzeln: Tenor Norbert Ernst (gefragter Wagner-Mann weltweit und bald der Herodes in Salome im Teatro Colón in Buenos Aires) und Bariton Clemens Frank (am Pariser Opernstudio) gingen gemeinsam zum Souper aus der Strauss’schen Fledermaus, mit Mimik und feinen Ausdrücken dargebracht. Ein Lacherfolg, gesanglich toll umgesetzt!

Ernst kam wieder als Herzog in der „Nacht in Venedig“ und lieferte ein berührendes „Sei mir gegrüßt, Du holdes Venezia!“

Doch auch Dramatik pur wartete auf die Zuhörerschaft: Jana Šrejma Kačírkova, tschechische Sopranistin und extra für den Abend aus Brünn angereist, trat gemeinsam mit Norbert Ernst als ihrem Don Carlo als Elisabetta (aus der Verdi-Oper) auf. „Io vengo a domandar grazia alla mia Regina“, kam ebenso gut an, Ernst stürmte hinaus – eigentlich in die Heurigenstube hinein.

Kačírkova brachte die „Rusalka“ von Antonín Dvořák mit dem wunderschönen „Lied an den Mond“ (weltbekannt) „Měsíčku na nebi hlubokém“ zum Erblühen.

Sarah Raphaela Mair servierte auch „solo“ Süßspeisen wie „A Mehlspeis“ aus „Das kleine Café“ oder das Trüffel-Couplet aus der Operette „Das Spitzentuch der Königin“ (köstlich dargebracht!). Die Melodie von Strauss ist übrigens längst weltbekannt, es handelt sich um die gesungene Version von „Rosen aus dem Süden“ (op. 388), der Konzertwalzer von Johann Strauss Sohn. Ebenso sang sie „Faites-lui mes aveux“ aus „Margarethe“ (deutscher Titel für Faust von Gounod).

Und schließlich belehrte die kluge Mezzosopranistin noch Stefan Tanzer mit seiner recht mächtigen Stimme, der sich aber gar keusch gab und sich Joseph nannte, nein, die Rede ist von „Joseph, was bist Du so keusch?“ aus „Madame Pompadour“ von Leo Fall. Wenn man gleich bei diesem Werk bleibt, versprach Mair auch sogleich, „Einer könnt‘ heute sein Glück bei mir machen!“, wobei Präsident Tanzler humorvoll anmerkte, dass es sich wohl kaum um einen Herren aus der Runde handeln könne.

Stefan Tanzer von der Volksoper Wien wagte Wagner mit dem Tannhäuser-Wolfram „Ach Du mein holder Abendstern!“ in einer unerschütterlich ruhigen Weise, die mitnahm! Etwas Keckes lieferte er mit „Benjamin, ich hab‘ nichts anzuziehen“, wo er sich herzhaft ebenso als profunder Schauspieler erwies!

Clemens Frank wiederum trat mit einer berührenden Interpretation von Erich Wolfgang Korngolds „Mein Sehnen, mein Wähnen“ aus „Die tote Stadt“ auf. Gleich dazu ein Lob für die stimmliche Entwicklung..

Norbert Ernst hat nach eingehender Recherche für einen wundervoll-heimatlichen Schluss gesorgt: Er sang „S‘ Busserl“ und „Derf i s‘ Dirndl liabn?“ von Karl Zeller mit Texten von Heimatdichter Peter Rosegger.

Das Schwipslied, gesungen von allen Künstlern am Ende, war ein humorvoller Schlusspunkt, ebenfalls durchdekliniert von Norbert Ernst!

Nina Violetta Aichner war wie schon in der Vergangenheit eine verlässliche und verständnisvolle Klang-Meisterin und Begleiterin am Klavier.

Insgesamt waren zweiundzwanzig Interpretationen zu hören – mit Pause – in der das Buffet zahlreich bevölkert und genussvoll „bepackt“ (Hausherrin Sabine Tolstiuk hatte verschiedene Aufstriche, Gurken, Pfefferoni, Eier, Käse, Schweinsbraten, Geselchtes.. vorbereitet) wieder verlassen wurde – alles zusammen sorgte für eine wohlige und angeregte Stimmung an den vollen Heurigentischen!

Ein wunderbarer Abend von künstlerischer, amikaler und kulinarischer Qualität…Man freut sich sehr auf das nächste Mal!

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