Eine groß und lang erwartete Opernpremiere bei den Salzburger Festspielen: Die Belcanto-Oper Maria Stuarda (Tragedia lirica in zwei Akten, 1835), von Gaetano Donizetti. Er schrieb die Musik, Giuseppe Bardari verfasste das Libretto auf der Grundlage von Friedrich Schillers Trauerspiel „Maria Stuart“. Der Dichter Andrea Maffei übersetzte ins Italienische.
Viel Prominenz vor dem Großen Festspielhaus in Salzburg, viel Bewegung, auch auf der Bühne. Der Regisseur Ulrich Rasche aus Bochum, gleichzeitig Bühnenbildner, bekannt für seine Bühnenmaschinerien, wollte, wie er in einem Interview mit der Kronen Zeitung betonte, eine „gegenwärtige Lesart“ dieser Oper kreieren.
Stellenweise wirkt es wie die Oberfläche eines generischen Computerspiels, wo die Spielfiguren umherwandern. Wem „gehört“ der englische Thron? Wenn er so aussieht. Mit einer traditionellen Betrachtung und/oder blechernen Rüstungen hat diese Kreation nichts gemein.
Das „Volk“ (repräsentiert durch Tänzerinnen und Tänzer der SEAD – Salzburg Experimental Academy of Dance) wandert kontinuierlich auf zwei Drehscheiben (ist die Erde eine Scheibe?) umher, alles ist, wie Rasche wünscht, schwarz oder weiß. Auch die Kostüme der Künstlerinnen und Künstler, die Sara Schwartz (zeichnet auch für Filmkostüme verantwortlich) entwarf. Sehr elegant gerät eines der Kostüme der Elisabetta (Kate Lindsey), weniger gefällig jenes der Maria Stuarda (Lisette Oropesa). Männer in weißer Schurz-Unterwäsche, oberkörperfrei auf der Drehscheibe…Ob ärmelfreie Kleider oder Rollkragenpullover (dieser soll wohl für Unterdrückung/Gefangenschaft stehen?), Elisabetta wird mehr und mehr als Frau ohne freien Willen angesehen.
Die Inszenierung ist über weite Strecken „gelegt“, es wird allerseits viel gewandert. Die Choreografie wird sehr exakt angelegt von Paul Blackman, Tänzer und Sängerin bewegen sich oft synchron. Die dramaturgische Arbeit liegt in der Hand von Yvonne Gebauer. Personen tauchen auf und sind „auf der Scheibe“. Geradezu populäres Lichtdesign (später auch rötlich, grünlich) stammt von Marco Giusti. Es verwandelt sich eine weitere Scheibe, von oben kommend, in eine Art „Spiegel“ für -in diesen Zeiten nahezu unvermeidliche – Videoprojektion (Florian Hetz).
Oropesa mit ihrer „kometenhaften“ Karriere von der Metropolitan Opera New York ausgehend, zählt zu den führenden lyrischen (Koloratur-)Sopranistinnen unserer Zeit. Sie weiß ihre herausragende Technik auch hier gut einzusetzen. Eine starke Gegenspielerin hat sie in Kate Lindsey, die energisch vorgeht.
Ein usbekischer Tenor, Bekhzod Davronov, Domingos „Operalia“-Zweiter, ist Roberto, der Graf Leicester. Er hat es nicht leicht bei den Königinnen. Aleksei Kulagin aus Russland, mit einer schönen Bass-Stimme, spielt Giorgio Talbot. Marias Amme ist Anna Kennedy (fein und aufstrebend: Nino Gotoshia aus Georgien, eine Teilnehmerin des Young Singers Project). Der amerikanische Bariton Thomas Lehman ist Lord Cecil, Lord High Treasurer. Besetzungstechnisch also durchwegs gute Neuigkeiten, über die Inszenierung aber lässt sich sicherlich diskutieren, ob eine solche vom Regisseur angesprochene „Lesart“ wirklich notwendig ist?
Am Pult der Wiener Philharmoniker steht Antonello Manacorda, er stammt aus Turin und spielt ursprünglich Geige, gibt 2025 sein Opern-Debüt in Salzburg als Dirigent.
Aufgeführt wird „Maria Stuarda“ in der Regie von Ulrich Rasche noch bis zum 30. August 2025.