Wiener Staatsoper
Opernball 2016
Der letzte Ball der Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh wurde ein Ball der Nostalgie, ein Ball für die Künstler, ein Ball für die Tänzer. Das war spürbar. Von den ausführenden Künstlern spannte sich der Bogen von Tänzer Kirill Kourlaev über Tänzerin und Ehefrau Olga Esina bis zu KS Placido Domingo und der jungen, höchst talentierten Sängerin Olga Peretyatko. Auch diejenigen, die den Ball „nur“ genossen haben, wie Valentina Nafornita, Juan Diego Florez, Herwig Pecoraro oder Clemens Unterreiner, zeigten sich vollauf begeistert. Über das „Kommentatorenkammerl“, das sich bisher auf jedem Ball bewährt hat, kamen launige Kommentare von Karl (Kari) Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz, die es in sich hatten.
Die Eröffnung beinhaltete den langen Konzertwalzer „Accelerationen“ von Johann Strauss Sohn, zu dem das Ballett eine lange, kraftzehrende Choreographie zum Besten gab. Hohenlohe merkte dazu an: „Läuft der Walzer noch immer?“ Olga Peretyatko bezauberte das Publikum mit einer wunderbaren Sopranstimme zu „Che il bel Sogno di Doretta“ aus La Rondine, und später überraschte KS Placido Domingo mit einem „Danilo“ aus der „Lustigen Witwe“ auf Spanisch mit deutschem Refrain. Man merkt, wie viel Spaß dieser Routinier an der Sache hat. Ein Duett, das alle „Lippen schweigen“ ließ, inklusive gefühlvollem Walzer, zwischen Peretyatko (in einer pastellfarbenen Robe von Zuhair Murad) und Domingo folgte. Am Schluss war Domingo dermaßen euphorisch unterwegs, dass er sehr laut wurde.
Erstmals eröffneten die Jungdamen und Jungherren den Opernball mit einem Galopp, und zwar dem hübschen „Klipp-Klapp-Galopp“, choreografisch waren sie sehr gefordert, meisterten diese Szenen aber bravourös. Die Herren formten das Wort Opernball, aus der Vogelperspektive gut erkennbar. Die Damen glänzten mit ihren Tiaras („Rising Star“), designt wurden diese von Marie Boltenstern. Auch die Sträußchen enthielten die an diesem Abend nicht wegzudenkende Pflanze, das Schleierkraut.
Das von den Kommentatoren so geliebte „Schleierkraut“ alias Gypsophila zierte den gesamten Ballsaal. Man darf annehmen, dass es heuer nicht ganz so attraktiv sein wird, die Blumen nach dem Kehraus mit nach Hause zu nehmen. Trenkwitz entschuldigte sich kurz bei den Zuhörern: Er „esse gerade einen Karpfen mit Marmeladefüllung“. Sofort wurde er von Hohenlohe korrigiert :“einen Krapfen oder einen Berliner“. Ebenfalls für ein Schmunzeln sorgte das Kommentatorenduo mit dem „Hashtag – sprich: Häschtääg Opernball“ unter dem die Zuschauer vor den Fernsehgeräten im Internet Fotos posten konnten, wie sie den Ball verfolgen.
Barbara Rett schließlich fragte bei KS Juan Diego Florez und seiner Frau Julia nach: Wie war denn das Kennenlernen? Nun, das Glück fanden diese beiden nach einer Autogrammstunde nach „La Sonnambula“. Sie fragte nach einem Autogramm, er sogleich nach einem Abendessen!
KS Herwig Pecoraro steuerte gemeinsam mit seinem Sohn Mario die Herrenspende bei: Eine CD von Vater und Sohn Pecoraro, auf der beide einen Klassik-Pop-Mix präsentieren. Was für ein nettes Projekt! Die Damenspende bestand unter anderem aus einer Wiener Philharmoniker-Münze.
Auf die Bemerkung von Barbara Rett, der Herr Kammersänger Pecoraro produziere Essig, verneinte dieser. „Nein, ich produziere keinen Essig! Es ist Balsamico!“ Was klargestellt werden muss, muss klargestellt werden. Auch am 60. Wiener Opernball. Der als Stargast erwartete Alain Delon kam nicht. Dafür sein wenig gesprächsbereiter Sohn Anthony, der mit dem Stargast eines gewissen Baumeisters, Brooke Shields, lieber schäkern wollte als mit Moderatorin Mirjam Weichselbraun.
Diesen Opernball nutzten viele, um ihre nächsten Projekte zu besprechen. Valentina Nafornita singt demnächst in „La bohéme“, bei KS P. Domingo ist eine Rückkehr an die Wiener Staatsoper für drei Vorstellungen von „La traviata“ geplant und KS J.D. Florez möchte eine Wienerlied-CD herausbringen. Natürlich mit „perfect Accent of Wienerisch“ wie er betonte. Etwas unpassend die Tatsache, dass Bilder der Kleider der Damen sofort auf dem Smartphone aufgenommen wurden und im TV von einer Modeexpertin analysiert wurden. Muss das auf einem feierlichen Ball denn sein?
Ein wunderbarer Ball und eine Erinnerung an den ersten Opernball überhaupt.
