Wieder einmal wird es auf Klingers Kulturpavillon historisch und philosophisch. Dieses Angebot versteht sich als Ergänzung zu den aktuellen Rezensionen und Videos, News, Porträts und mehr. Theaterstücke haben – sofern sie nicht brandneue Erstaufführungen sind – meist eine lange Geschichte und Autoren, die nicht mehr leben. Die Uraufführungen vieler Komödien liegen lange zurück. So auch jene der Posse „Pension Schöller“, die nahezu als die meistgespielte Komödie auch heutzutage gilt. Reiz und Faszination der schon unvergleichlichen Komik – es ist sehr schwer, witzig zu sein, und dabei so leicht zu wirken, als ginge das gerade so von der Hand.
Von der Kultkomödie Pension Schöller (geschrieben bereits um 1890) von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby gibt es zahlreiche Verfilmungen und auch Aufnahmen aus Theatern. Zu den beiden bekanntesten zählen jene Version aus 1978 und jene aus 1994
(beide in der Regie von Heinz Marecek, beide aus den damals noch nicht umgebauten Wiener Kammerspielen).
Hugo Wiener, Max(i) Böhm
In der älteren, sehr bekannten Version von Hugo Wiener (der auch lustigerweise im Stück den „Dr. Reisfleisch“ am Klavier verkörperte) spielte Max(i) Böhm den Gutsbesitzer Ladislaus Robitschek, der zu gerne einmal eine Irrenanstalt von innen sehen möchte. Ob das nun mit wahrem Interesse oder einfach Voyeurismus zu tun hat, kann man nicht herausfinden. In Ermangelung einer wahren Einrichtung zeigt ihm sein Neffe schließlich die Pension Schöller, deren Bewohner sehr exzentrisch, jedoch auf ihre Art auch liebenswürdig sind. Max Böhm galt immer schon als großer Komödiant, er wuchs sozusagen am Theater auf und lernte früh Größen kennen. Manche behaupten, seine Darstellung des Herrn Robitschek sei die beste aller Zeiten gewesen. Vielleicht war das so, weil er sichtlich selbst viel Spaß daran hatte, ungeachtet seines schweren persönlichen Schicksals (seine Tochter starb, sein Sohn beging Selbstmord). Dass er trotz der Schicksalsschläge so viele Menschen zum Lachen brachte.
Alfred Böhm
Auch der mit Max nicht verwandte Alfred Böhm mischte mit und gab den leider verhinderten Schauspieler, der kein „l“ sprechen kann und stattdessen immer ein „n“ verwendet. Diese sehr spezielle Rolle bringt eine Gefahr mit sich. Trainiert man wirklich so lange, bis man sich diesen Konsonanten abgewöhnt, wird es im Alltag, oder sollte man sagen Anntag, sehr schwierig werden. Man muss zudem extrem auf seine Aussprache achten, denn es gibt nur sehr wenige Phrasen, wo kein „l“ vorkommt. Nicht jede Pointe ohne „l“ ist gleich lustig, besonders viele Lacher kann sich der Schauspieler in der Anfangsphase seiner Absurdität abholen. Es ist auch wirklich einen Schmunzler wert, überhaupt einen solch ungewöhnlichen Sprachfehler zu thematisieren. Alfred Böhm zum Beispiel setzte diesen Charakter gänzlich unaufgeregt um und hatte diesen Sprachfehler so „ganz selbstverständlich“. Dies zeugt von einer theatralischen Größe, die man sich erarbeitet hat. Und zwar hart: Böhm war ein bescheidener, harter Arbeiter. Seine Identität wollte er nie verleugnen, lehnte sogar ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof ab. Stattdessen wurde er in Wieselburg, Niederösterreich beerdigt.
Irr oder nicht?
Die exzentrischen Bewohner der Pension Schöller, unter ihnen eine Schriftstellerin, ein Großwildjäger, der Schauspieler mit Sprachfehler und noch so einige. Durchaus „normal“, wenn sie nicht so agieren würden, dass man glatt glauben könnte, sie wären „aus der Anstalt“. Robitscheks Bekräftigungen, immer getragen von einem langen „Der is´ guuuut!“ geben dem Publikum immer wieder Anlass zur Heiterkeit. Man ist mittendrin, Zeuge einer höchst amüsanten Verwechslung. Hätten diese Personen wirklich alle psychische Probleme, wäre alles natürlich nicht mehr so lustig.
Andere Versionen der Pension Schöller
Es gab auch Verfilmungen mit Harald Juhnke, Willy Millowitsch, oder auch jüngst vom deutschen Universal-Komikerduo „Heißmann & Rassau“ (2015).
1994 versuchten sich in den Rollen des Robitschek und des Schauspielers mit Sprachfehler die beiden Kapazunder Ossy Kollmann und Helmuth Lohner (mittlerweile beide verstorben), und lieferten sich hier eine eher körperliche „Schlacht“, die das Publikum zu Lachstürmen hinriss. Sie hoben sich in die Höhe, spielten mit Sesseln, Pölstern und fletschten ihre Zähne, nicht vergessend, dass das Spiel doch eine sehr ernste Angelegenheit gewesen war.