Jonas Kaufmann in Grafenegg: „Die schöne Müllerin“ / Schuberts Liederzyklus

Festival Grafenegg mit verregnetem Start – doch jetzt kam Kaufmann

Nachdem die Eröffnung des Festivals Grafenegg unter der Leitung von Pianist Rudolf Buchbinder verregnet war, dürfte es Jonas-Kaufmann-AnhängerInnen umso mehr freuen, dass der Tenor einen Auftritt hat. Begleitet von Helmut Deutsch am Klavier phrasierte Kaufmann wieder sehr fein und schwang sich in (ungeahnte) Höhen auf. Man muss nicht zwingend Fan sein, um diese Erfahrung zu schätzen.

„Seien Sie dabei, wenn sich die Musik in Grafenegg ihr Territorium zurückholt“, so der Slogan des Grafenegg Festivals heuer. Es ist nicht Jonas Kaufmanns erster Besuch im Wolkenturm, und doch lag an diesem Abend richtig Magie in der Luft. Der zurzeit weltbeste Tenor lieferte die Interpretation von Franz Schuberts Liederzyklus D 795 Die Schöne Müllerin. Quellen zufolge bezieht sich der Zyklus schließlich auf Schuberts unerfüllte Liebe zu Luise Hensel.

Die unerfüllte Sehnsucht des Müllersgesellen nach Liebe

Das Wetter hielt, und so konnte sich Kaufmann nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch entfalten. Seine Mimik ist ausdrucksstark, sehr berührend sein „Wanderers Nachtlied“ nach einem separaten Gedicht Goethes.

Der typisch romantische Inhalt – zuerst drängend, dann resignierend, wird von beiden Akteuren auf eindrucksvolle Weise dargestellt. Kaufmann widerspiegelt zunächst die Agilität und Tatkraft des Müllersgesellen, ehe sich das Blatt wendet und er tieftraurig zu sein scheint. Ohnmächtiger Zorn und Todessehnsucht ob der Nichterreichung von Liebeszielen: Auch dieser wird umgesetzt. Deutsch schlägt dazu Molltöne an. Schließlich singt der Bach, dem der Müllersgeselle folgte, ihm ein Schlaf- und Totenlied. Die zarten Töne des Liedgesangs sind für den Tenor keine Schwierigkeit, auch wenn seine Stimme inzwischen sehr gereift ist, hat sie Verve und Kraft, ist wendig und tiefgründig zugleich.

Doch auch die „Luise“ besingt Jonas Kaufmann nach minutenlangem Applaus – teilweise Standing Ovations – noch mit lustigem Gesicht. „Ruh ich ihr am Busen“ – schlägt wohl wieder in die andere Kerbe der Lust und Lebensfreude.

1 Comments

  1. Sorry, Schubert kannte Luise Hensel gar nicht. Der unglücklich Verliebte war Wilhelm Müller, der Dichter der Verse!

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