Die Spielplanpräsentation des Theaters in der Josefstadt und der Wiener Kammerspiele 2021/22/23 unter Ksch. Herbert Föttinger

Theater? Theater ist Luxus! Es geht auch ohne! Nur nicht für diejenigen, für die es den Brotberuf bedeutet – so eine provokante These der letzten Zeit.

Der künstlerische Direktor Herbert Föttinger (bleibt garantiert „nur“ noch bis 2026, wie er eindringlich betonte – DirektorInnen, welche das betonen, bleiben unter Umständen noch 30 Jahre im Amt, doch bei ihm ist das zu bezweifeln) präsentierte gemeinsam mit dem Stiftungsvorstand des Theaters in der Josefstadt, Günter Rhomberg, die Pläne des Theaters (beider Spielstätten) für die kommenden Jahre. Und holt damit zum Manifest, zum Gegenbeweis dieser eingangs erwähnten These aus.

Natürlich, und unzweifelhaft, hat auch dieses Theater unter der pandemie-bedingten Krise gelitten. Die Glanzzeiten sind jedoch hoffentlich nicht aufgehoben, sondern seit März 2020 unterbrochen worden. Föttinger sieht sich unter den längstdienenden Direktoren dieses Hauses, neben dem 1865 geborenen Josef Jarno. Das Theater solle sich als „Österreichisches Nationaltheater“ sehen, wo sehr viele (aber nicht nur) heimische AutorInnen aufgeführt werden.

Was Herbert Föttinger noch in seiner Amtszeit plant – Theater in der Josefstadt Programm und Direktion

Sogleich hält er auch nicht hinter dem Berg, wenn es um seine Absichten in seiner verbleibenden Dienstzeit geht: Föttinger will das Theater noch einmal politisch positionieren, die Meinung zu dem Diskurs noch weiter ausbauen; das sei bereits mit der Dilogie: „Auf der Flucht“ und der „Reise der Verlorenen“ (die es übrigens bis zum Theaterfestival Rijeka/Kroatien geschafft hat, von D. Kehlmann) angestrebt gewesen. Das politische Bewusstsein zu stärken – das „Pflänzchen“ Demokratie in der Gefährdung zu verorten. „Wir wollen ein Stachel im culus (zweckmäßig latinisiert) der Mächtigen sein!“ Das Motto für die nächsten fünf Jahre sei einem Essay von Stefan Hessel entnommen: „Empört Euch!“ Das bedeutet auch: Kein Stein auf dem anderen, Progressivität, kein „Hinnehmen“ von Zuständen. Und auch „Neues schaffen bedeutet Widerstand leisten – Widerstand leisten bedeutet Neues schaffen.“

„Die“ Josefstadt solle ein Haus der Erstaufführungen, der Uraufführungen sein, und, wie es Herbert Föttinger so treffend formuliert hat: „Ein Kreißsaal der Gegenwartsliteratur.“

Profilierte RegisseurInnen würden immer wieder gerne, so auch in der kommenden Spielzeit, am Haus arbeiten: Elmar Goerden, Amélie Niermeyer, David Bösch, Claus Peymann (kommt auch wieder).

Spielplan 2021/22 – Neuheiten und Bewährtes (Coronabedingt plusminus bereits 5 Vorstellungen)

Im September 2021 steht im Haupthaus – am Theater in der Josefstadt, in der Josefstädter Straße 26, am Programm:

  • Arthur Schnitzlers „Der Weg ins Freie“ in einer Bearbeitung von Susanne F. Wolf, ab 02.September. Regie: J. Kica

mit Alma Hasun, Michaela Klamminger, Joseph Lorenz, Oliver Rosskopf, Julian V. Rehrl

Josefstadt

  • Franz Grillparzers „Medea“, ab 09. September. Regie: E. Goerden

mit Sandra Cervik (versucht sich als altgriechische Königstochter – Medea), Wolfgang Hübsch, Joseph Lorenz, Katharina Klar, Michael König (männliche Amme!)

Josefstadt

  • Thomas Jonigk nach Jose Sarramagos „Die Stadt der Blinden“, ab 16. September. Regie: S. Mohr

mit Roman Schmelzer, Martina Ebm, Sandra Cervik, Ulrich Reinthaller

Josefstadt

  • Eugene Ionescos „Der König stirbt“, ab 25. September. Regie: C. Peymann

mit Bernhard Schir (der König) (mit Krone?), Lore Stefanek, Maria Köstlinger, Johannes Krisch, Marcus Bluhm

Kammerspiele

  • Amélie Niermeyer nach Leo Tolstoi „Anna Karenina“, ab 30. September. Regie: A. Niermeyer

mit Raphael von Bargen (als bedauernswerter Karenin), Silvia Meisterle (1. große Hauptrolle als Anna Karenina), Claudius von Stolzmann, Alma Hasun, Alexandra Krismer

Josefstadt

  • Beau Willimons „The Parisian Woman“, ab 02. Oktober. Regie: M. Gampe

mit Michael Dangl, Maria Köstlinger, Herbert Föttinger, Katharina Klar, Susa Meyer

Kammerspiele

  • Thomas Bernhards Dramolette „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen„, ab 07. Oktober. Angeleitet von Maria Happel

mit Claus Peymann, Hermann Beil

Josefstadt

  • Ulrich Bechers und Peter Preses‘ „Der Bockerer“, ab 16. Oktober. Regie: S. Müller

mit Johannes Krisch (als widerständigem Bockerer), Ulli Maier, Tobias Reinthaller, Marcus Bluhm, Susanna Wiegand, Ulrich Reinthaller

Josefstadt

  • Paolo Genoveses „Das perfekte Geheimnis“, ab 23. Oktober, Regie: F. Braband

mit Martin Niedermair, Roman Schmelzer, Larissa Fuchs, Paula Nocker, Katharina Straßer

Kammerspiele

  • Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“, ab 06. November, Regie: A. Bergmann

mit Sona MacDonald, Michaela Klamminger, Elfriede Schüsseleder, Oliver Rosskopf, Tamim Fattal

Josefstadt

  • Oscar Wildes „Der ideale Mann“, ab 25. November, Regie: A. Liedtke

mit Michael Dangl („der ideale Mann“ !?), Michael Schönborn, Alexander Absenger, Tobias Reinthaller, Silvia Meisterle, Martina Stilp

Josefstadt

  • William Shakespeares „Was ihr wollt“, ab 29. Januar 2022, Regie: T. Fischer

mit Claudius von Stolzmann (diesmal herzöglich), Maria Bill (närrisch), Marcello De Nardo, Julian V. Rehrl (als Frau)

Kammerspiele

  • Bertold Brechts „Die Dreigroschenoper“ (nach John Gays „The Beggar´s opera“, Musik: Kurt Weill) ab 05. September. Regie: T. Fischer

mit Herbert Föttinger, Maria Bill, Claudius von Stolzmann (überaus gelenkiger Mackie Messer), Swintha Gersthofer

Kammerspiele

  • Tom Stoppards „Leopoldstadt“, ab 10. Februar 2022, Regie: J. Kica

mit 25 SchauspielerInnen und großer Szenerie: u.a. Herbert Föttinger, Maria Köstlinger, Marianne Nentwich, Alexandra Krismer, Marcus Bluhm, Oliver Rosskopf (originelle Namen, er etwa als „Zacharias Fischbein“), Alma Hasun, Sona MacDonald

Josefstadt

  • Ferdinand von Schirachs „Gott“, ab 07. April 2022, Regie: J. Pölsler

mit Paul Matić, Johannes Seilern, Raphael von Bargen, Michael Schönborn

Kammerspiele

  • Alexander Ostrowskij: „Der Wald“, ab 28. April 2022, Regie: S. Müller

mit Andrea Jonasson, Marcello De Nardo, Herbert Föttinger, Johannes Silberschneider (in schier unaussprechlichen Rollen: Nestschastliwzew und Stschastliwzew)

Josefstadt

  • Felix Mitterers Auftragswerk der Zemlinsky-Gesellschaft zum 150. Geburtstag: „Zemlinsky“, ab 26. Mai 2022, Regie: S. Mohr

Besetzung N.N.

Josefstadt

  • Edward Albees „Die Ziege oder Wer ist Sylvia?“ aus dem Englischen, ab 09. Juni 2022, Regie: E. Goerden

mit Sandra Cervik, Joseph Lorenz

Kammerspiele

Ausblick auf das Jahr 2023 am Theater in der Josefstadt und den Kammerspielen

Von Thomas Arzt kommt „Leben und Sterben in Wien“ (Uraufführung)

Franz Wittenbrink nach T. Fallada schreibt „Jeder stirbt für sich allein“

Peter Turrini arbeitet an „Bis nächsten Freitag“

Thomas Bernhard hat „Ritter, Dene, Voss“ im Angebot

Maxim Gorkij schickt „Sommergäste“

Henrik Ibsen präsentiert seinen „Volksfeind“ (später eine Trilogie)

Charlie Chaplins „Der große Diktator“ wurde freigegeben – Herbert Föttinger besetzt hier Alexander Pschill (auch über sein Theater Bronski & Grünberg, wo Pschill einige der Josefstadt-Schauspieler engagierte, wurde gesprochen)

Bertold Brecht bringt die „Kleinbürgerhochzeit“, auf der nicht alles rund läuft

Die Kammerspiele sind kein Abstellgleis – man will weg vom Komödien-Image

Die Wiener Kammerspiele wolle der Direktor vom Image des „Boulevard-Hauses“ wegbringen – hin zu wirklichen „KAMMER-Spielen“, die elitäre (im Sinne von genaue) Schauspielkunst unterstützen sollen. Psychologische Vorgänge auf engem Raum noch näher beschreiben und zeichnen, im Strindberg´schen Sinne. Also im Groben: Eine Weg-Wendung von Erzkomödianten Maxi Böhm und Co.

Neue Box in Planung – das Geld fehlt

Föttinger betont auch, dass er im Rahmen seiner „verbleibenden Amtszeit“ noch eine dritte kleine Spielstätte durchsetzen wolle. Es solle die „Josefstadt-Box“ mit 50 Sitzplätzen sein. Konkrete Pläne für die Umsetzung gibt es noch nicht, jedoch sollen JungautorInnen, RegisseurInnen, SchauspielerInnen sich hier ausprobieren können, ohne das „ökonomische Damoklesschwert“. Reiche Mäzene sind hierfür jederzeit willkommen.

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