Opern-Rarität in Ternitz/NÖ: Donizettis „Poliuto“

Manchmal gibt es Gelegenheiten, die man nicht verpassen sollte. Wer akustisch gerne auch abseits der echten Klassiker der Oper, wie „Die Zauberflöte“ unterwegs ist, dem sei der Besuch von Donizettis „Poliuto“ ans Herz gelegt. Eine ausgezeichnete opportunità dafür ist die Aufführung besagter Oper der Amici del Belcanto (Präsident Michael Tanzler), dem Verein, welcher sich seit 1983 dem traditionellen Schöngesang widmet. Jedes Jahr wird mit großem Aufwand eine konzertante, seltene Oper unter der Beteiligung namhafter Solisten und neuer Talente produziert.

Im April verspricht man una serata per Gaetano, einen Abend für Donizetti, um das selten gespielte, 1838 entstandene Werk der Ehre zuzuführen, die es verdient. Es handelt sich um eine Tragedia lirica in drei Akten. Das Libretto stammt von Salvadore Cammarano, er war Regisseur am Teatro San Carlo in Neapel. Er nahm die Tragödie „Polyeucte“ von P. Corneille zur Grundlage. Die Handlung dreht sich um Leben und Leiden des christlichen Heiligen Polyeuktos. Dieser starb als Märtyrer 259 n.Chr. in Melitene in der Türkei. Er war ein römischer Soldat griechischer Herkunft. Er soll, anstatt dem Opferkult zu huldigen, Götterbilder zerschlagen haben und dafür gefoltert und enthauptet worden sein. Unter Kaiser Gaius Decius (Christenverfolgung) erfuhr er das Martyrium. Er wird in der katholischen und in der orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt. Auch Voltaire beschäftigte sich mit der Polyeuktos-Legende in seiner Schrift Über die Toleranz.

Aufgeführt wurde die Oper erst 1840 in Paris, hier unter dem Titel „Les martyrs“, und auf vier Akte erweitert. Die Originalfassung erlebte ihre Uraufführung 1848 am Teatro San Carlo in Neapel.

Von Neapel 1848 zu Ternitz 2024 ist es doch eine beachtliche „Wegstrecke“. Motivierte Künstlerinnen und Künstler werden beweisen, dass die Legende keineswegs zum alten Eisen gehört. In der Titelrolle des Poliuto wird der belgische Tenor Mickael Spadaccini (bekam bereits von Mirella Freni einen Preis überreicht) zu hören sein. Ihn kennt man bereits vom letzten Jahr in Ternitz aus „I Due Foscari“, aber auch als Manrico, Kalaf, Des Grieux und Hoffmann in Italien. Seine Gattin Paolina ist die umschwärmte georgische Sopranistin Iano Tamar, die auf eine Weltkarriere von der Mailänder Scala bis nach Tokyo blicken kann. Der Prokonsul Severo („der Strenge“) wird dargestellt von Vittorio Vitelli aus Ascoli Piceno (Italien), der 2006 mit dem Amonasro sein Debüt an der Mailänder Scala gab. Beide waren ebenso wie Spadaccini schon in „I Due Foscari“ zu hören, mit großem Erfolg. Callistene, der Hohepriester des Jupiter, wird interpretiert von Luciano Batinic, einem profilierten Bass aus Kroatien. Die Rolle des Nearco, des Führers der Christen, wird der Wiener Alexander Gallee, der sowohl als Arzt tätig als auch Lied- und Konzertsänger ist, Operettenfestspiele leitet und dort selbst auftritt, übernehmen. Stefan Tanzer aus Neunkirchen, Volksopernbariton und Chorist, hat die Rolle von Felice, dem Gouverneur von Melitene, inne. Schließlich komplettiert der Grimmensteiner Gerhard Motsch als ein Christ das Ensemble.

Es spielen und singen das Orchester und der Chor der Staatsoper Banská Bystrica aus der Slowakei unter ihrem Dirigenten Marian Vach.

Wer eine Opernrarität in besonderer Atmosphäre von Kennern außerhalb großer Häuser erleben möchte, ist hier gut aufgehoben. Mit großer Liebe zum Detail und zur Werktreue wird hier organisiert und ausgeführt.

Alle Informationen zum Besuch:

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