Bad Leonfelden ist an sich sehr ruhig und idyllisch, eine österreichische Örtlichkeit mit vielen Kurgästen. Diese Nacht wird man aber nicht vergessen, denn eruptive Männerstimmen erklangen. Vier fähige Helden waren angetreten, sich im „Sporty Bad Leonfelden“ in Smoking und Festkleidung tenoral zu beweisen. Dr. Alexander Gallee, vielseitiger Arzt der Gemeinde Vorderweißenbach, Veranstalter eigener Operettenfestspiele, bildender Künstler und selbst leidenschaftlicher Sänger, organisierte ein Tenorkonzert mit interessanter Besetzung. Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Stadtgemeinde Bad Leonfelden und den Amici del Belcanto.
Im ersten Teil umspannten die Tenöre die ganze Welt der italienischen, deutschen und französischen Oper. Der zweite Teil bot auch liebestolle Operette.
Der Lokalmatador Gallee brachte „Gia il sole dal gange” von Alessandro Scarlatti und die bekannte, launige Auf- und Abwärtsbewegung der Seilbahnen in Neapel,“ Funiculì, Funiculà“, zu Gehör. Man hat sehr wohl bemerkt, dass seine sanft klingende Stimme über die Jahre beharrlich an Samt und Fülle zugenommen hat.
Miloš Bulajić konnte mit dem Donizetti-Klassiker der verstohlenen Träne „Una furtiva lagrima“ aus „L‘ elisir d‘ amore“ punkten. Aus der „Regimentstochter“, die in Tirol und Frankreich angesiedelt ist, holte er zu den hohen C’s in „Ah mes amis“ aus. Natürlich kann man dies als ein Prüfstück sehen, das er keinesfalls zu scheuen braucht.
Kammersänger Herbert Lippert, der erst mittags in Wien zur Landung aufgesetzt hatte, und dann nach Bad Leonfelden eilte, trat mit Flotows „Martha“ an: „Ach so fromm, ach so traut“ rührte! Weiters konnte man ihn mit „Mattinata“ von Leoncavallo hören. Strahlkraft pur und eine Prise Humor, die immer mithüpft.
Mickael Spadaccini brachte italienisches Flair nach Oberösterreich. Kernig und gut geführt präsentierte er kräftige Spitzen aus „Andrea Chenier“ von Giordano, „Un di all‘ azzurro spazio“. Einen nachvollziehbaren Gefühlsausbruch zeigte er bei „Vesti la giubba…..Ridi, Pagliaccio!“ aus Leoncavallos Bajazzo. Aus Eifersucht ersticht er seine Liebe und deren Geliebten auf der Wanderbühne. Zeitweilig ließ Spadaccini Jonas Kaufmann an der Wiener Staatsoper vergessen! Echte Emotion!
Der erste Teil schloss mit einem kräftigen „Nessun dorma“ aller Beteiligten, mit Gernot Marzy am Klavier.
Die Moderation erfolgte seitens Teresa Kaltenberger, die viel Information über die einzelnen Stücke, die Leidenschaften der auftretenden Tenöre und auch die Örtlichkeit lieferte. In der Diktion blieb sie im Gegensatz zu den mehrheitlich italienischen Arien, die folgten, eher klar und kurz wie sachlich. Humor bewies sie mit dem „Tomatensoßen-Werbungs-Vergleich“ von La donna é mobile – „in wieviele Werbungen es diese Rigoletto-Arie bereits geschafft hat.“
Der Herzog im Rigoletto, der die „trügerischen Weiberherzen“ besingt, tauchte im zweiten Teil ebenso in Gestalt von Miloš Bulajić wieder auf. Mit Schmelz. Selbiger schwärmte dann (O Camille!!) auch mithilfe von Franz Lehár, dass seine Liebe wie eine Rosenknospe im Maienlicht erblüht, aufgeglüht sei. Die Rede ist, Operettenfans hierher, von der „Lustigen Witwe“.
Herbert Lippert setzte mit dem „flotten Geist“ aus Strauss‘ Zigeunerbaron in tollem Tempo zu Höhenflügen an: „Wenn man’s kann ungefähr, ist’s net schwer, ist’s net schwer!“ Wie wahr diese Worte sind. Und auch weise mit weißem Haar zeigte sich Lippert, wenn er „aus dem Dunkel stiller Gassen Augen heiß wie Feuer“ leuchten ließ und „O Signora, o Signorina, hört man flüstern und liebkosen!“, mit dem Leitsatz aus der Lehár’schen Giuditta deutlich machte: FREUNDE, DAS LEBEN IST LEBENSWERT!
Mickael Spadaccini reüssierte mit „Core `n grato“, wandte sich danach gleich besonders an die Damen, wenn er inbrünstig „DEIN ist mein ganzes Herz“ versicherte, wenn es auch nur für diese eine NACHT (der Tenöre) galt! Da hat ihm Lehár etwas in die Kehle gelegt!
Alexander Gallee verführte einmal mehr das Publikum mit zwei italienischen Stücken: Das neapolitanische „O surdato `nnamorato“ (Der verliebte Soldat) von Enrico Cannio und dem letzten Lied, „L ` ultima canzone“ von Francesco Paolo Tosti, ein Klassiker.
Nicht gehen lassen wollte die aufgeregte und freudig erregte Zuhörerschaft die VIER, als sie final die Sonne aufgehen ließen: Edoardo Di Capua oder „Der Sängerkrieg in der Sangeshalle“, so war „O sole mio“ aufgebaut. Jeder einzelne Tenor wollte sich witzig profilieren.
Stehende Ovationen bewiesen den tenoral starken, strammen und doch so gefühlvollen Herren: Man will mehr, viel mehr! di più, per favore, Signori!