SommerBühne (6): PREMIERENBERICHT – Tevje und seine Töchter – Anatevka bei den Seefestspielen Mörbisch

Seefestspiele Mörbisch.Burgenland                                                                                       10. Juli 2014

KK exklusiv von der Premiere

Mörbisch am See verwandelt sich heuer – zumindest auf der Seebühne – in ein „Shtetl“, und zwar das fiktive „Anatevka“.  Der englische Originaltitel des Werkes ist „Fiddler on the Roof“. Intendantin Dagmar Schellenberger versucht sich an einem Musical.  Freilich soll es die an Operette gewöhnten Besucher auch erfreuen. Sie selbst steht bereits kostümiert auf der Bühne, als sie das Publikum begrüßt. Nur das Anatevka-typische Kopftuch, das fehlt noch. Es folgt später. Die Begrüßung direkt von der Bühne aus ist eine Neuerung.

Die Gastronomie am Festspielgelände ist nun im Trockenen, falls es doch mal regnen sollte. Was es an diesem Premierenabend in Maßen, aber doch tat. Manche Bedenken bezüglich des Wetters (es regnete vor der Premiere bereits leicht) war die Intendantin bemüht, zu zerstreuen. Es solle ein „trockener“ Abend werden. Natürlich nicht darstellerisch, aber eben wettertechnisch.

Zum Stück:

Zu Anfang werden die Bewohner von „Anatevka“ vorgestellt, mit all ihren Tugenden. Besonders die Tradition und die Söhne und Töchter werden hervorgehoben. Man ist erst einmal gefesselt und sieht die „Töchter“ und „Söhne“, wie sie mit den Sohlen im Takt auf und ab wippen. Tevje ist hier quasi der „Erzähler“ in dieser Anfangssequenz, die so gar nicht operettenhaft daherkommt.

Gerhard Ernst ist – so kann man sagen – nahezu in der Rolle seines Lebens. Der Milchmann Tevje scheint ihm wie auf den Leib geschneidert. Besonders sprachlich kann er die Feinheiten dieser Figur ausspielen. Stimmlich ist er (zumindest am Premierenabend) im guten Mittelfeld. Dagmar Schellenberger liefert als Golde eine tolle Performance zwischen mütterlicher Fürsorge und erzieherischen Grob-Maßnahmen ab.

Stephan Paryla-Raky als Fleischer Lazar Wolf spielt annehmbar und glaubwürdig. Maria Malle als Heiratsvermittlerin Jente ist auch eine Erscheinung für sich. Die drei ältesten Töchter Zeitel, Hodel und Chava werden allesamt harmonisch in die immer wieder intimen, als Kammerspiel inszenierten Familienszenen integriert. Der Student Perchik wird verkörpert vom jungen Georg Leskovich, der sich sehr hineinsteigert.

Für die Inszenierung zeichnet das zweite Mal in Mörbisch nach 2008 („Im weißen Rössl“) Operettenspezialist Karl Absenger verantwortlich. Er hat eine sensible Hand für das Stück. Manche Szenen wirken dennoch wie aus einer anderen Welt und eigentlich gegeneinander austauschbar. Der Ablauf kann als harmonisch angesehen werden. Besonders Tevjes Monolog-Szenen, in denen er über das Hochzeits-Glück seiner Töchter sinniert, wirken. Das Orchester unter Dirigent David Levi, wenn auch nicht mehr sichtbar vor der Bühne, gibt sein Bestes. Das Ballett ist in guter Form. Man sieht fast nur Herren tanzen.

Es ist ein Stück, wie man es sich in Mörbisch eigentlich nicht erwartet. Sommerstimmung sucht man sowohl auf der Bühne, als auch am Himmel vergeblich. Es stimmt sehr nachdenklich und neben dem Ohrwurm „Wenn ich einmal reich wär´“ von Tevje rührt das Duett „Ist es Liebe?“ von Tevje und Golde sehr. Man geht um Erfahrungen reicher hinaus. Übrigens herrschte eher Winter-als Sommerwetter. Frostträchtige Temperaturen und Wind machten es den Darstellern und dem Publikum nicht so gemütlich.

-MK-

 

 

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