Musikfestival Steyr/Oberösterreich 31. Juli
Premiere
In der Industriestadt Steyr, beim etablierten Musikfestival unter der Leitung von Karl-Michael Ebner, hält heuer das lustige Salzkammergut Einzug. Besser gesagt spielt man Benatzkys „Weißes Rössl“, das sich nicht ganz zwischen Singspiel und Tourismusklamotte entscheiden kann.
Man hat auch während der Handlung das Gefühl der Zerrissenheit. Denn die Regisseurin Susanne Sommer schwankt wagemutig zwischen ernst zu nehmendem, nostalgischem Urlaubsidyll und sehr kitschigen, teilweise unpassenden modernen Einlagen. Ein homogenes Bild ergibt sich da eigentlich nicht. Einmal so, einmal so versucht man das Publikum in den Bann zu ziehen. Aber Bauhelme vor dem traditionsreichen Hotel? Das in letzter Zeit beliebte Mittel, „kleinere“ Videoprojektionen einzuflechten, nunja. Nun zu den Akteuren: Als Zahlkellner Leopold manövriert sich der honorige Kammersänger Josef Luftensteiner durch das Singspiel, macht es gut, wiewohl ihm die Rolle sicher nicht auf den Leib geschneidert ist. Seine (nicht nur) Bühnen-Partnerin Martina Dorak kontert ihm als resche Rösslwirtin deftig und herzhaft und erliegt erst zum Schluss seinem Charme. Gesanglich fügen sich beide harmonisch zusammen. Gesamt gesehen ist dieses „Rössl“ stimmlich eher karg besetzt, im Ensemble gibt es große Unterschiede. Daniel Serafin (mit lächerlich ungebührlicher Einlage im roten Mini-Auto – wem fiel das ein?) als golfspielender Rechtsanwalt Dr. Siedler und Lisa Maria Greslehner als badendes Klärchen (mit viel Haut) sind darstellerisch guter Durchschnitt, gesanglich beide besser. Rita Nikodim als Ottilie und Michael Havlicek als Sigismund (die Glatze wirkt dermaßen künstlich!) mühen sich, lustig zu sein. Und was hat denn ein Karl Lagerfeld im Salzkammergut zu suchen? Dieser Kunstgriff schien nicht logisch. Der Giesecke von Andreas Mitschke mag unterhalten, mehr schon nicht. Nett angelegt und modern hingegen Hinzelmann: Ewald Reiter. Der altersmilde Kaiser, zu agil gespielt von Kammersänger Harald Serafin, bekommt Aufmerksamkeit vom kleinen Blumenmädchen und lässt sich gebührend und rührend empfangen. (auch hier wieder: äußerst künstlicher, unpassender Bart, es ist einfach a bissl a G´frett mit der Maske heuer!) Man bekommt auch ungewohnt für dieses Stück von Einigen nackte Haut zu sehen. Sollte denn das der Inszenierung förderlich sein.. Obwohl Dr. Siedler für die Damen und das Klärchen für die Herren sicher für einen angenehmen Anblick sorgen.
Ein Lob gebührt einmal mehr auch Siegfried Andraschek für die profunde, wenn auch instrumental dünn besetzte Interpretation.Ein etwas durchwachsenes „Rössl“ also. Aber natürlich bekommen sich am Ende alle, wie es sich gehört.
-Martina Klinger-
Information: Spielzeit: 30. Juli bis 15. August Schlossgraben von Schloss Lamberg, alternativ bei Schlechtwetter: Stadttheater Steyr
Link: http://www.musikfestivalsteyr.at