
Der Wiener Opernball ist Fixpunkt der Ballsaison: Bei den Damen werden Frisuren gezaubert, Roben geschneidert, angepasst, da wird sich kasteit. Die Herren schlüpfen in den edlen Frack, meist mit Orden geschmückt, die Fliege muss sitzen, andernfalls wird sie von der Partnerin zurechtgerückt. Das kennt man. Dieser Opernball stand erstmals unter der Leitung von Maria Großbauer, die sich im Vorfeld bereits sehr aufgeregt zeigte.
Der Ball wurde überschattet vom Tod der österreichischen Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die ihren Kampf gegen den Krebs verloren hatte, jedoch sicher „gewollt hätte, dass man am Tag des Opernballs fröhlich und lebensfroh tanzt“.
Viele Neuerungen mussten her, die von der Vorgängerin etablierte „Pink Bar“ etwa musste weichen, anstatt dieser waren in der Bar an der Wand lustige Trinksprüche aus Opern und Operetten zu lesen: „Trinke Liebchen, trinke schnell, Trinken macht die Augen hell!“. Überhaupt war es ein OPERN-Ball, denn an jedem Eck´ und End´ konnte man Reminiszenzen an die „Zauberflöte“ (Scherenschnitte, 5 Meter hoch), an den „Rosenkavalier“ (die Debütanten überreichten einander die Silberne Rose), und an den „Freischütz“ (der Ball-Heurige wurde zur „Wolfsschlucht“) sehen.
Das Krönchen der Debütantinnen stammte in diesem Jahr von keinem Geringeren als Karl Lagerfeld himself (der jedoch nicht anwesend war). „Le Beau Danube bleu“ soll seine Inspiration für die Diademe mit Swarovski-Kristallen besetzt, gewesen sein. Später erklärte Evelyn Haim-Swarovski im Interview mit Mirjam Weichselbraun den Kopfschmuck noch genauer. Die geliebten Ball-Kommentatoren Christoph Wagner-Trenkwitz und Kari Hohenlohe wurden aus ihrem „Kammerl“ geschickt, sie saßen diesmal im elegant eingerichteten „Containerdorf“ vor der Oper, von wo aus sie „lustige“ Selfies von Opernballzusehern zeigten oder die Damen- und Herrenspenden besprachen: Darunter das typische Frühstück aus dem „Rosenkavalier“ für die Damen, nämlich „Biskotten und T´schoklad“ von Demel, „Venti Scudi“ – als Palmers-Münzen, aus „L´elisir“, oder die „Silberne Rose“ als Brosche. Die Herren erhielten ein Buch über den Staatsopernchor und Thermalbad-Eintritte. Lumpen ließ man sich mit den Ballspenden sicher nicht.
Die Logen waren heuer besonders expensiv, knapp 20.000 Euro musste man schon einmal hinblättern. Geladene Gäste genossen Würstel und Champagner, man tratschte, auch über den offenbar unkomplizierten und gut gelaunten Stargast eines gewissen Baumeisters.
Nun aber zur künstlerischen Darbietung des Abends: Die „Fächer-Polonaise“ von Ziehrer wurde erst einmal eingetauscht gegen die Polonaise aus „Eugen Onegin“ von Tschaikowski. Neben dem Ballett (u.a. Maria Yakovleva), das zum Strauss-Walzer „Künstlerleben“ tanzte, glänzte JONAS. Ja, richtig gelesen: Jonas Kaufmann, gefragtester Tenor unserer Zeit, gab zwei Arien zum Besten, im riesigen Ballsaal, wo die Akustik schon ein wenig kompliziert sein kann.
Jonas Kaufmann, er erhob wieder seine samtige Stimme, diesmal zu einem Rollendebüt: Er ist noch nie beim Wiener Opernball aufgetreten, somit konnte auch er sich an diesem Abend zu den Debütanten zählen. Er fiel aber auch durch eine etwas tiefere Sprechstimme auf.
Das Wiener Staatsopernorchester unter der Leitung der römischen Dirigentin Speranza Scappucci, welche mit großem Elan dirigierte, begleitete den Tenor der Tenöre bei Don Josés Blumen-Arie: La fleur que tu m´avais jetée aus „Carmen“. Er ließ seine (Stimmband)-Muskeln spielen, und begeisterte durch fein ziselierte Nuancen. Nur eines war zu vermissen: „Seine“ Carmen, die er leidenschaftlich besang. Beschwingter, aber etwas weniger leidenschaftlich der Lehár-Gassenhauer: Dein ist mein ganzes Herz aus „Das Land des Lächelns“.
Interessantes Detail am Rande: Jener Sänger, der jedes Mal für die Künstler und Künstlerinnen einen Empfang gegeben hatte, blieb heuer dem Ball fern; Kammersänger Herwig Pecoraro zog es vor, den Event von zu Hause aus zu verfolgen.