Wir stehen vor einem Umbruch in der Klassikwelt. Und damit soll nun nicht gemeint sein, dass Sängerinnen und Sänger nicht mehr so aussehen, wie sie einst aussahen. Dass sie nicht mehr so singen, wie sie vor Jahren und Jahrzehnten sangen.
Es kursiert die Meinung, dass „heutige“ Opern-Stars eher wie Rockstars oder Top-Models aussehen. Klassik muss eben nicht nur gut klingen, sie muss auch die passende „Verpackung“ dafür liefern. Ein ansprechendes CD-Cover lässt vielleicht auch manche stimmliche Schwäche vergessen. Einmal ganz abzusehen von der Tatsache, dass eine professionell ausgebildete Stimme nicht ewig „hält“.
Aber geht man einen Schritt weg vom Äußerlichen, entdeckt man auch, dass sich die Umstände sehr gewandelt haben. Klassische Musik und Opernbesuche in den Alltag zu integrieren, dafür muss erst einmal ein grundsätzliches Interesse vorhanden sein. Die Elemente sind nicht mehr überall verfügbar, es gibt kaum noch Hausmusik beziehungsweise Schubertiaden. Das wäre ebenso überlegenswert: Die Schubertiade 4.0. Es ist im Grunde genauso wie bei anderen Musikrichtungen, sei es nun Hardrock oder aber auch Flötenmusik. Man muss das Feuer dafür entzünden.
Das Interesse der Zielgruppe der jüngeren Leute an klassischer Musik schwindet. Was kann man tun? Junge Besucher schon früh mit der Materie vertraut machen? Wer die Kinder-Zauberflöte, in der der Ex-Staatsoperndirektor Ioan Holender früher gerne den „Baum“ gegeben hat, gesehen hat, ist der potentielle Opernkonsument von morgen?
Die Klassik soll freilich nicht aussterben. Das ist ein Credo, das viele verfolgen. Ein Lösungsansatz ist es möglicherweise, die Oper (und damit auch das Opernhaus) vielen zu öffnen, auch Crossover-Veranstaltungen anzubieten. Eine starre Meinung, wonach man „Mimi“ nicht drei Stunden „beim Sterben zusehen“ will und das vielleicht noch „in historischen Kostümen á la Queen Victoria“, wird sich so leicht nicht ändern. Ob da der richtige Weg ist, eine Institution wie Anna Netrebko in ein Punk-Rock-Girl zu verwandeln und inszenatorisch am Würstelstand singen zu lassen…? Ein gesunder Mittelweg kann auch hier hilfreich sein. Vielleicht geht die Oper auch wieder mehr in Richtung Film.. Die Gratwanderung zwischen „Entstauben“ und „Entfremden“ ist bekanntermaßen eine sehr gefährliche Wegstrecke, welche aber so mancher Regisseur gerne und ohne zu zögern zurücklegt.
Noch ein vorerst letzter Punkt: Die Digitalisierung! Diese ist kaum aufzuhalten und noch weniger zu unterschätzen. Selfies auf Instagram, Facebook, Youtube haben noch ein Riesen-Potential, wodurch Modernität und Mozart Realität werden können. Oper 4.0? Digitale Programmhefte und Untertitel gibt es schon. In dieser Richtung wird sich noch weltweit viel tun.