In der Reihe „JosefStadtgespräche“ am Theater in der Josefstadt (Sträusselsäle) – immer gut besucht – drehte sich diesmal vieles um Bob Larbey, den britischen Autor der Tragikomödie „Schon wieder Sonntag“. Aus diesem Anlass hatte ORF-Kulturredakteurin Eva-Maria Klinger zwei bekannte Schauspieler zur Matinee eingeladen.
Im Stück, das immer wieder vor ausverkauftem Haus stattfindet, geht es um zwei Bekannte im Altersheim. Einer hat körperliche Beschwerden, der andere kann sich nichts mehr merken und „schwächelt“ geistig. „Wir dürfen keine Zombies werden.“, so ein Satz. Zweifelsfrei ist es mit zwei so anspruchsvollen Rollen kein leichtes Unterfangen, eine Geschichte auf die Bühne zu bringen. Die beiden Hauptrollen im Stück spielen Otto Schenk und Harald Serafin, die Tochter von Otto Schenk auf der Bühne ist Alexandra Krismer. Die Bühnenkollegen sprachen in teils amüsantem, teils ernstem Ton über die Herausforderungen und die schönen Momente des Werkes und des Berufes.
Alexandra Krismer, die die Tochter des körperlich gebrechlichen Cooper (Otto Schenk) spielt, meint, es sei immer Teamarbeit, ein solches Stück auf die Bühne zu „stellen“. „Es kann nicht einer kommen und sagen, er ist Otto Schenk und trägt das Stück.“ Er muss die Rolle authentisch verkörpern, darum geht es. Auch verriet die gebürtige Innsbruckerin ein dass Schenk in einer Szene, in der er auf den Boden fällt und dort liegen bleibt, seinen Mitspielern immer den Tipp gebe, jetzt nichts zu sagen, das sei ein Lacher.
Auch der Souffleur ist ein immer wieder stark beanspruchter Kollege im Theaterbetrieb. Er muss an einem Vorstellungsabend Großartiges leisten. Krismer absolvierte die Schauspielschule und ihr Traum war es schon immer, Schauspielerin zu werden. Genauso wie der Traum ihres sehr populären Bühnenkollegen Harald Serafin, der immer schon wusste, dass er Sänger und nicht Arzt (nach dem Wunsch der Eltern) werden wollte. Um ein Haar wäre es anders gekommen, bis er im OP ohnmächtig wurde, weil er kein Blut sehen konnte. Er setzte sich gegen die Eltern durch: Er sagte sogar seinem Vater, der mit der Bahn angereist war, um ihn zu überreden, in den elterlichen Textil-Betrieb einzusteigen: „Hast Du eine Rückfahrkarte? Dann gebrauch´ sie auch!“
Otto Schenk war am Opernhaus Zürich sein großer Mentor, den er lobend und bewundernd erwähnt. Er suchte damals für die Produktion der „Fledermaus“ von Johann Strauss einen (Gabriel von) Eisenstein, und fand ihn in Harald Serafin. Doch Otto Schenk war ein strenger Regisseur. Er triezte ihn und jeder Handgriff, jede Bewegung und jeder Ton musste nach seinen Vorstellungen sitzen.
Wie ist das für die beiden, auf der Bühne den Traumberuf ausüben zu können?
Alexandra Krismer betonte: „Seit dem Kindergarten, als ich als Maria im Krippenspiel auf der kleinen Bühne gestanden bin, will ich das tun. Da gab es so ein Strahlen, so einen Moment!“ Serafin meinte: „Der Drang zum Singen ist bei mir immer da! Ich singe überall. Ich singe beim Rasieren, im Bad, nur beim Zähneputzen geht das nicht! Es muss lebenswichtig werden, zu singen und tief in den Bauch die Stimme zu lassen!“ Auch Krismer bestätigte: „Jedes Mal, wenn ich vor Vorstellungsbeginn an seiner (Serafins) Garderobe vorbeigehe, höre ich lautes Singen, das gefällt mir sehr!“ Eva-Maria Klinger: „Er singt sich also ein für die Sprechrolle!“ Einen Mann zu spielen, der an Demenz erkrankt ist, ist für den lebensfrohen und fitten Serafin nicht leicht. Aber für seine leisen Töne wurde er sehr gelobt.
Auch persönliche Krisen waren Thema: Alexandra Krismer erlebte eine solche, als sie viele Jahre nicht mehr auf der Bühne stand. Die Münchner Kammerspiele sowie das Residenztheater waren ihr künstlerisches Zuhause, bis sie merkte, dass nichts mehr stimmte. Personell war nichts mehr im Reinen. Als sie zurückkehrte nach Österreich, kam sie an die Josefstadt. Spielfreude erlebte sie wieder in großem Maß.
Harald Serafin erholte sich nur langsam von einer Operation (Stimmbandkarzinom). Bei der „Nacht in Venedig“ 1989 merkte er, dass mit der Stimme etwas nicht in Ordnung war. Eine „Strafe“ und wie ein beruflicher Gau für einen Sänger. Er konnte nach der OP kaum hauchen. Felix Dvorak holte ihn für die Thoma-Komödie „Moral“ erstmals nach Berndorf zu den Festspielen, wo er mit Erfolg seine erste Sprechrolle hatte. Er versteht es wohl wie kein anderer, ein Schicksal zum Glück zu drehen.
Serafin erklärte: „Ich finde das Soziale gut und lustig, wie die Menschen miteinander umgehen, wie man sie packen muss.“ Er sei immer ein „Lächler“ gewesen, böse zu schauen vertreibt Kunden, so hatte schon seine Mutter gesagt. Man müsse „offen bleiben und sich immer umschauen, nach Managern, Sponsoren, Leuten, die einem helfen können“. Damit habe er nie ein Problem gehabt, auch nicht wenn es darum ging, auf Messen für „seine“ Seefestspiele Mörbisch zu werben, welche er 1993 übernommen hat. Gesanglich folgte operationsbedingt eine lange Pause, erst im Jahr 2001 stand er wieder in der Rolle des „Grafen von Lichtenfels“ im Land des Lächelns (Lehár) auf dieser Bühne.
Krismer aber sagte: „Ich könnte das nie. Ich bin eine zurückhaltende Person, ich würde nie laut rufen oder Ähnliches. Ich bin von Herzen gerne Schauspielerin, es ist einfach toll, sich in eine andere Rolle zu versetzen. In einen anderen Menschen hinein-hüpfen zu können, Abend für Abend!“ Auch von der psychologischen Seite her. Ein spannender Kontrast, wie sie die Divergenz zwischen zurückhaltender Privatperson und exaltierter Bühnenpersönlichkeit füllt. Auf der Bühne hat sie keine Schwierigkeiten mit Lautstärke und Extraversion. Das sieht man nicht nur in „Schon wieder Sonntag“, sondern auch in „Terror“ (F. von Schirach), wo sie den bedeutungsschweren Satz zu sagen hat: „Es ist nicht meine Aufgabe, Befehle zu hinterfragen!“. Mit diesem täte sie sich schwer, sagte sie.
Alexandra Krismer hat für die Zukunft auch Pläne abseits des Theaters: Sie möchte gerne in ein Land gehen, wo man eine andere Sprache spricht. Und zwar Englisch. Zum Film zu gehen, würde sie auch reizen. Sie weiß nicht, ob sie ihre ganze Karriere nur dem Theater widmen wird.
Serafin möchte sich wieder dem Lesen und auch dem Gesang zuwenden.
Harald Serafin als Aylott und Alexandra Krismer als Julia sind in Bob Larbeys Tragikomödie „Schon wieder Sonntag“ (der letzten Regiearbeit des verstorbenen Helmuth Lohner) in den Wiener Kammerspielen der Josefstadt aktuell zu sehen. Mit dem begehrten und fast immer ausverkauften Stück gehen sie auch in die nächste Spielsaison.
Info:
Homepage der Josefstadt