„Um sich selbst zu fühlen, muss ein Mann geliebt werden können“- Thomas Weinhappels Wagner-Abend im Alten Wiener Rathaus

Bariton Thomas Weinhappel singt Richard Wagner – nicht nur für langjährige Fans ein Grund, in den Bank Austria Salon des Alten Wiener Rathauses in der Wipplingerstraße zu pilgern. Es war für ihn keine Premiere, doch galt es, herausfordernde Partien an einem Abend zu bewältigen. Auf dem Programm standen Arien aus Lohengrin, Tannhäuser, der Walküre und dem Fliegenden Holländer.

Der „selbstgespannte“ Spannungsbogen reichte dabei von sanften, zärtlichen Beweisen der Zuneigung bis zum fürchterlichsten Zornausbruch bei Wotan aus der Walküre. Die Regieanweisung dazu lautet: Von hier an steigert sich Wotans Ausdruck und Gebärde bis zum furchtbarsten Ausbruch. Von Weinhappel wurde diese perfekt umgesetzt. Einen Moment lang bangte man mit. Stimmschön mit dunklem Bariton weite Distanzen zurücklegend fand der Sänger sich in Spielszenen mit Bühnenpartnerin Tanja Kuhn, die diesen Part von Almerija Delic übernommen hatte. Den Rahmen des „Bühnenbildes“ bildeten das Klavier und rechtsseitig ein großzügiger weißer Blumenschmuck. Die Protagonisten nutzten für die Darstellung, was sie hatten, in den Szenen zwischen Wotan und Brünnhilde („In eigner Fessel fing ich mich – ich Unfreiester aller“) – die übrigens besonders gut gelang – und jenen zwischen Senta und dem Holländer („Wie aus der Ferne längst vergangener Zeiten“ und dem großen Finale „Erfahre das Geschick“). Mal lehnte Weinhappel „verzweifelt“ rollengerecht am Klavier, mal warf ihm Kuhn einen erwartungsvollen Blick zu. „Zehnfacher Tod wär‘ mir erwünschte Lust!“, diese Worte des Holländers mögen für den Sänger selbst ob etwaiger Anstrengung nicht gegolten haben.

Thomas Weinhappel in Wagner-Rollen? Prädikat: durchaus sehens- und hörenswert, Entwicklungen da oder dort, auf die man sich freuen können wird. Potenzial und Talent hat er bereits mehrfach gezeigt und an diesem Abend einen weiteren Beweis geliefert.

Tanja Kuhn war ihm eine treue Senta, sie sieht nicht nur blendend in einer türkisen Traumrobe aus, sondern holt auch die Spitzentöne mit Leichtigkeit hervor. Sie wusste auch mit Soloauftritten die meiste Zeit zu überzeugen, ganz anfangs bei Elsas Arie aus Lohengrin („Einsam in trüben Tagen“) wirkte sie vielleicht noch etwas zaghaft mit hart aspiriertem Laut. Sehr eindrucksvoll geriet ihre Elisabeth aus Tannhäuser („Dich, teure Halle, grüß‘ ich wieder“).

Am Klavier und hier nicht nur als einfühlsamer Begleiter betätigte sich der Solo-Pianist, Liedbegleiter und Pädagoge Frank Bornemann. Er begeisterte mit Franz Liszts „Notturno in As-Dur“, inklusive einer weltbekannten Melodie, das Publikum. „Oh lieb‘, so lang Du lieben kannst“ – eine wunderbare Empfehlung, die jedermann beherzigen sollte! Auch die Tannhäuser Paraphrase (als „Werbung“ von Liszt für seinen Freund Wagner gedacht) war für die Ohren ein Genuss. Feingliedrige Hände flogen da und sein konzentrierter Blick lag auf schwarzen und weißen Tasten. Doch er war laut Schauspielerin Ursula Wies etwas zu zurückhaltend, um sich ein zweites Mal seinen gebührenden Applaus abzuholen.

Ursula Wies hatte die Rolle einer Erzählerin inne, wie mit einem Märchenbuch und in schwarzer Robe ausgestattet, lauschte man immer aufmerksam ihren einleitenden Worten zu jedem Auftritt. Man erfuhr noch Wissenswertes über den Komponisten Richard Wagner, dessen spannungsgeladene Freundschaft zu Franz Liszt und dass er etwa seine eigene Aufführung in Bayreuth nicht dirigieren durfte. Er betätigte sich als Textdichter aller seiner Opern und führte bekanntermaßen Leitmotive für die Figuren ein. Der Mann könne männlichen (also mehrfach durch Testosteron hervorgerufenen) Egoismus durch die wahrhaftige Liebe zum „Weibe“ überwinden und aus Zuneigung Opfer bringen – sie brachte das Beispiel des Holländers „Fahr hin, mein Heil, in Ewigkeit!“. Das waren also Wagners Gedanken.

Am Ende des Abends waren heftige „Bravi“-Rufe aus dem begeisterten Publikum zwischen Applaus, der kaum enden wollte, zu vernehmen.

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